„Kein Name, kein Alter.“ Das pflegte der ehrwürdige Daoist, Hüter der „Höhle des Prinzen“ (Taizi Dong 太子洞) in den Wudang-Bergen auf Nachfragen zu antworten. Oberhalb des Palastes der purpurnen Wolke/des purpurnen Himmelszeltes (Zixiao Gong 紫霄宮) bewohnte er für Jahrzehnte die kleine Fels-Grotte, den Ort, an dem der legendäre „Wahre Krieger“ Zhenwu 真武 seine Kultivierung betrieben haben soll.
Der alte Daoist strahlte eine kindliche Weisheit aus, sein Gesicht war geprägt von Lachfalten, seine feine bescheidene Art immer einladend. Über alles konnte er herzlich lachen. Über die Bienen in einem kleinen Schrank, die hin und wieder von Wildbienen vertrieben wurden und dann wieder zurück fanden, über die Gebrechen des Alters, über die Menschen, die in ihm einen Heiligen sehen wollten. Über mich, als ich ihm lange händehaltend gegenüber saß und ihm meine Bewunderung und Ehrerbietung aussprach. „Nein“, sagte er, „du siehst das Wesentliche nicht: Alle Menschen sind gleich. Niemand ist aus irgendwelchen Gründen besser oder schlechter. Das gilt es, in der Tiefe zu verstehen.“
Nun ist der Bienen-Daoist am 18.April (21. Tag des 3. Mondmonats) 2025 verstorben. Und er hatte einen Namen und ein Alter: Meister Jia Yongxiang 贾 永祥 wurde 105 Jahre alt. Er war das Gesicht des gelebten Daoismus in den Wudang-Bergen. Mögen seine Einzigartigkeit, seine friedliche Weisheit und sein großes Herz weit und lichtvoll strahlen. Möge er weiterhin lächelnd in den Wolken fliegen. Yongxian heißt ewige Glückseligkeit.